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Ein Abend mit Max Raabe

Er ist zweifelsohne einer der größten deutschen Entertainer und tourt mit seinem Palastorchester seit bald 40 Jahren durchs Land. Vorhang auf für Max Raabe! Ernschtle: Wow! Was für ein toller Auftritt!! Sie machen das alles so

Er ist zweifelsohne einer der größten deutschen Entertainer und tourt mit seinem Palastorchester seit bald 40 Jahren durchs Land. Vorhang auf für Max Raabe!

Ernschtle: Wow! Was fĂĽr ein toller Auftritt!! Sie machen das alles so cool, so gekonnt. Sind Sie vor einem Konzert denn gar nicht aufgeregt?

Max Raabe: Ja, schon – so ein bisschen wie ein Pferd, bevor es auf die Rennbahn gelassen wird.

Ernschtle: Vergeht das mit der Zeit nicht?

Max Raabe: Nein. Ich habe kein Lampenfieber im klassischen Sinn, aber so eine positive Aufregung ist immer da. Zum Beispiel heute – da freue ich mich richtig vorher und bin dann schon auch ein bisschen aufgekratzt.

Ernschtle: Und wenn Sie doch mal Lampenfieber haben – was machen Sie dagegen?

Max Raabe: Das wüsste ich auch gern! Wenn Ihr einen Tipp habt, her damit – ich habe keinen. (alle lachen)

Ernschtle: Wie kamen Sie ĂĽberhaupt zur Musik der 20er- und 30er-Jahre?

Max Raabe: Schon als kleiner Junge.

Im Plattenschrank meines Vaters war eine Schellackplatte – eine alte Grammophonplatte, der Vorgänger der heute üblichen Vinylplatte. Die Musik war schnell und lustig, hatte aber auch etwas Wehmütiges. Für mich war das wie durch ein Ofenrohr in einen anderen Raum zu hören – nur dass dieser Raum eine andere Zeit war. Eine Art Zeitkapsel.

Ernschtle: Wenn Sie mit einer Zeitmaschine in die 1920er reisen könnten – was würden Sie dort tun?

Max Raabe: Ăśberleben. Und Hitler eine hauen (lacht).

Ernschtle: Was war das ungewöhnlichste oder lustigste Erlebnis während eines Konzerts?

Max Raabe: Es gibt viele lustige Momente – wenn mal was schiefgeht, sind wir die Ersten, die darüber lachen. Wir haben immer Spaß auf der Bühne.

Ernschtle: Was war der unvergesslichste Moment Ihrer Karriere?

Max Raabe: Es sind die vielen tollen Menschen, die man über die Jahre kennengelernt hat. Das lässt sich nicht an einem bestimmten Ort oder Zeitpunkt festmachen. Wir sind unter anderem Lilo Pulver begegnet, haben mit Lars Eidinger gedreht, mit Herbert Grönemeyer zusammengearbeitet.. Solche Begegnungen bleiben.

Ernschtle: Die Hochzeit von Marilyn Manson und Dita von Teese…

Max Raabe: Ja, das war auch lustig – ein bisschen wie Halloween. Natürlich sehr spannend.

Ernschtle: Bestimmt gab es auch schon viele berĂĽhrende Momente.

Max Raabe:  Ja, zum Beispiel, wenn Menschen erzählen, dass unsere Musik ihnen durch eine schwere Zeit geholfen hat. Das ist sehr rĂĽhrend – und bedeutet uns viel.

Ernschtle: Was war das ungewöhnlichste Kompliment, das Sie je von einem Herrn bekommen haben?

Max Raabe: Einmal sagte jemand: „Meine Frau hat mich gezwungen mitzukommen. Ich dachte, das wird ein langweiliger Abend – aber es war großartig!“

Das fand ich ein wunderbares Kompliment.

Ernschtle: Ist es auch, wirklich. Haben Sie musikalische Vorbilder?

Max Raabe: Keine speziellen – zumindest nicht für dieses Genre. Ich bin offen für vieles: Rap, Punk, Klassik – wenn’s gut ist, warum nicht? Es gibt umgekehrt auch schlechte Klassik.

Ernschtle: Echt? Sie hören Rap? 

Max Raabe: Wenn er gut ist – warum nicht? Nur diese schlecht gelaunten, mit Gold behangenen, pampigen Typen – das ist nicht meins. Aber es gibt auch coole, positive Rap-Musik.

Ernschtle: Viele Ihrer Lieder sind humorvoll und ironisch. Ist Ihnen das wichtig?

Max Raabe: Ja, wir haben Songs mit schrägem Humor, aber auch melancholische Stücke. Ich finde, beides gehört zusammen – das eine verstärkt das andere.

Ernschtle: Wie wird Ihre Musik international aufgenommen? Gibt es ein besonderes Konzert, das Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?

Max Raabe: Besonders interessant war unser erstes Mal in den USA, in England oder Japan. Gerade in Amerika und England waren viele überrascht, dass auch Deutsche Humor haben – und zwar einen ganz eigenen. Wir haben uns dort über die Jahre ein Publikum aufgebaut, was uns sehr freut.

Ernschtle: Wie entstand eigentlich Ihr Künstlername „Max Raabe“?

Max Raabe: Ich habe klassischen Gesang studiert und schon während des Studiums mit dem Genre angefangen. Eigentlich wollte ich zur Oper. Mein Gesangslehrer meinte, ich mache mir gerade einen Namen als Unterhaltungskünstler – ich solle das klar trennen. Also habe ich „Max Raabe“ ausgeschrieben. Früher nannten mich viele einfach „Matze“ oder „Maxi“.

Ernschtle: Wie sieht ein typischer Tag im Leben des Max Raabe aus?

Max Raabe: Das hängt davon ab, ob ich auf Tour bin oder zu Hause. Zuhause wache ich auf, frühstücke – auf Tour werde ich geweckt und frühstücke dann. Danach geht’s los. Zu Hause ist der Tag freier, auf Tour ist alles eng getaktet.

Ernschtle: Gibt es Hobbys oder Leidenschaften abseits der Musik?

Max Raabe: Ich wandere gerne, fahre Fahrrad und schwimme gern. Ich habe ansonsten aber kein spezielles Hobby, dem ich regelmäßig nachgehe – ich probiere vieles aus.

Ernschtle: Gibt es ein Lied, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Max Raabe: Eigentlich immer das, das ich gerade singe. Ich freue mich bei jedem Konzert auf das erste Lied – das ist der Moment, wo der Abend losgeht. Dann kommt das nächste, dann wieder etwas Melancholisches. Wir singen nur Stücke, die wir freiwillig singen – das macht jedes auf seine Art besonders.

Ernschtle: Ihre Musik ist auch in Filmen zu hören. Gibt es ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind?

Max Raabe: Das Wort „stolz“ verwende ich nicht so gern – aber ich bin sehr dankbar. Das Palast Orchester war unser Studentenprojekt. Wir hätten nie gedacht, dass es so lange funktioniert.

Einmal hat uns Regisseur Tom Tykwer gefragt, ob wir bei Babylon Berlin mitmachen wollen – das war eine schöne Sache. Ich wurde in Interviews immer wieder gefragt, warum wir noch nicht dabei waren – also habe ich sofort zugesagt.

Ernschtle: Absolut. Ihre Msuik passt so perfekt zur Serie. Herr Raabe, es hat schon das zweite Mal geläutet. Sie müssen zurück auf die Bühne! Das war wirklich toll mit Ihnen. Vielen Dank.

Max Raabe: Ja, gleichfalls. Und viel SpaĂź noch beim weiteren Konzert.

Ernschtle: Den werden wir haben. 

(Interview: Luna Band und Katharina LĂĽbeck)

Anspieltipps fĂĽr Einsteiger

„Kein Schwein ruft mich an“  – Der Klassiker mit Ironie pur

„FĂĽr Frauen ist das kein Problem“ – Humorvoller Blick auf Rollenbilder

„Guten Tag, liebes GlĂĽck“  – Melancholisch und poetisch

„Ein Tag wie gold“ – Der Titelsong zur Kultserie Babylon Berlin im Stil der 20er Jahre

ernschtle@gmx.de

Ich liebe meinen Job und das Ernschtle Projekt! Und auch sonst bin ich fĂĽr vieles zu begeistern: Das Leben, das Reisen, Platten auflegen, den KSC,... Mein Blog war damals ĂĽbrigens einer der ersten in Karlsruhe und Umgebung. Wahnsinn, wie sich alleine schon von der technischen Seite gesehen so viel getan hat seit anno 2000.

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