Home / #vonwegenegal  / Wir sind fassungslos und möchten uns entschuldigen

Wir sind fassungslos und möchten uns entschuldigen

Ein Bericht und Kommentar zu den Vorfällen beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Natzweiler-Struthof.

Am Dienstag den 06.02.2024, waren die Lerngruppen 9 und 10 zu Besuch im Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Wenn du nicht weißt, was ein Konzentrationslager ist, dann erklären wir dir das noch einmal. Die Konzentrationslager wurden von Adolf Hitler errichtet, schon kurz nachdem er an die Macht gekommen war. Zunächst dienten sie vor allem dazu, politische Gegner wegzusperren. Später kamen Juden dazu und generell Menschen, die laut den Nazis nicht in das „Arische“ (Vorzeige-Deutsche) passten. In diesen Konzentrationslagern mussten die Menschen unter schweren Lebensbedingungen leben und hart in Mienen, Munitionsfabriken, Bergbau und vielen anderen Bereichen arbeiten. 

Im KZ Natzweiler-Struthof waren in den die Jahren seines Bestehens rund 52.000 Menschen inhaftiert. 22.000 mussten dort sterben. Das 4.5 Hektar große Lager mit seinen acht Wachtürmen und Doppeldrahtzaun war zu damaligen Verhältnissen ein relativ kleines Lager. Bevor wir hinein sind, haben wir uns noch das kleine Museum angesehen. es gab viele Bilder und Texte – leider aber meistens nur auf Französisch. Man konnte auch eine Etage runter gehen, in den so genannten Kartoffelkeller, den die Gefangen selbst erbaut haben. Als unsere Gruppe dann schließlich dran war und wir durchs alte Eingangstor des KZ liefen, waren wir doch alle sehr aufgeregt. Irgendwie ein komisches Gefühl an einem Ort zu sein, wo vor gar nicht so langer Zeit Menschen gefoltert und getötet wurden. Wir schauten uns als allererstes eine Baracke an, in der die Häftlingskleidung sowie Betten und verschiedene Arten von „Waffen“ ausgestellt waren. Direkt beim Ausgang dieser Baracke stand der Galgen und auch die Schuttkarren. Einen kleinen Abhang runter und wir standen wieder vor einer Baracke, welche die Häftlingsbaracke war. Dort schliefen sie und wurden bestraft. Eine krasse gewaltsame Maßnahme in diesem KZ war natürlich das Ermorden durch den Galgen. Aber physische Gewalt gab es auch in anderer Form, wie z.B. der Prügelbock aus Holz, in den die Häftlinge mit Beinen und Armen nach vorne eingespannt und dan geschlagen wurden. In der nächsten Baracke wurden die medizinischen Versuche mit Menschen gemacht und dort stand auch der riesige Verbrennungsofen, womit die Leichenmassen zu Asche verbrannt wurden. Wir haben alle vorher schon viel über die NS Greueltaten gesprochen und auch schon viele Bilder davon gesehen. Doch plötzlich stehst du vor einem solchen Ofen und bist einfach sprachlos. 

Neben zwei Baracken gab es eine Art Schuttmulde, auf der all die Asche und Ausscheidungen der Menschen verteilt wurden. Heute steht dort ein Denkmal, das für all die Menschen steht, die nie richtig begraben worden waren. Es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl auf demselben Boden zu stehen, auf dem all diese Leute so viel Leid erfuhren. Anderseits ist es eine Erfahrung, die einem wirklich im Gedächtnis bleibt und auch wenn man sich eventuell nicht für das Thema interessiert, gehört es einfach zur deutschen Geschichte dazu und man sollte mit diesem sensiblen Thema auf jeden Fall respektvoll umgehen.

Wie wir am nächsten Morgen erfahren haben, haben ein paar jedoch genau das nicht geschafft: Respekt zeigen! Wir sind fassungslos und echt geschockt. Herausgekommen war folgendes: Drei Schüler aus der Lerngruppe 9 haben während unseres Besuchs im KZ dumme und äußerst unangebrachte Fotos geschossen, u.a. mit Hitlergruß. Diese wurden zwar zum Glück nicht im Internet verbreitet und sind längst zerstört, trotzdem bleibt das Verhalten schlimm und unentschuldbar. Der Grund unserer Entsetzung ist, dass dieser Gruß Teil des Führerkults war und den Mann verehrt, der die Juden so brutal und systematisch umgebracht hat. Der Gruß ist zurecht verboten und auch strafbar. Diesen gerade dort zu zeigen, wo Juden ihr Leben lassen mussten, ist respektlos und dumm. Schon Wochen davor hatten unsere Lehrerinnen und Lehrer auf den Besuch vorbereitet. Leider haben das manche nicht ganz mitbekommen.

Gut nur, dass unsere Schulleitung das ganze nicht auf die leichte Schulter genommen und entsprechende Maßnahmen ergriffen hat. Herr Pallesche machte zudem mit einem Statement auf der Schulwebseite deutlich, dass an der Ernst Reuter Schule kein Platz für Rassismus und Antisemitismus ist.

Wir als Schülerinnen und Schüler, wir als Ernschtle-Redaktion, verurteilen das Fehlverhalten aufs Schärfste und entschuldigen uns bei der Gedenkstätte für die Vorfälle.

Hira, Laura, Leonard und Karim

POST TAGS:

hira@ernschtle.de

Hallo mein Name ist Hira Ünlük und gehe aktuell in die 8b. Erst seit diesem Schuljahr bin ich im Ernschtle drinnen und hoffe auf mehrere Jahre. Ich bin beim Ernschtle beigetreten, weil ich es schon seit ich an der ERS bin, es sehr interessant finde und auch mal die Erfahrungen haben wollte wie es in einer Schülerzeitung so ist. Ich möchte gern einmal Herzchirurgin oder Therapeutin oder Redakteur eines Mode Magazins werden. Einer meiner Schneidezähne ist schräg! Vorsicht also!

Review overview
NO COMMENTS

Sorry, the comment form is closed at this time.