Eine Fußballmannschaft ist wie eine Schulklasse
Nach der erfolgreichen Zweitliga-Saison stellte sich der sympathische KSC-Trainer Christian Eichner unseren Fragen in einem neuen Ernschtle-Interview (aufgezeichnet von Cheyenne Kost) Ernschtle: Hallo Herr Eichner! Es freut uns sehr, dass Sie sich heute Zeit für uns nehmen.
Nach der erfolgreichen Zweitliga-Saison stellte sich der sympathische KSC-Trainer Christian Eichner unseren Fragen in einem neuen Ernschtle-Interview
(aufgezeichnet von Cheyenne Kost)
Ernschtle: Hallo Herr Eichner! Es freut uns sehr, dass Sie sich heute Zeit für uns nehmen. Somit setzen wir unsere Reihe mit KSC-Interviews fort, u.a. hatten wir schon Markus Kauczinski, Hakan Calhanoglu, Ingo Wellenreuther und Oliver Kreuzer interviewt.
Christian Eichner: Ja, ich habe schon einiges von euch gehört.
Ernschtle: Mathe oder Englisch?
Christian Eichner: Mathe
Ernschtle: Ans Meer oder in die Berge?
Christian Eichner: Ans Meer
Ernschtle: Insta oder Facebook?
Christian Eichner: Facebook
Ernschtle: Was läuft gerade bei Spotify?
Christian Eichner: (lacht) Bibi und Tina
Ernschtle: Und bei Netflix?
Christian Eichner: Boah, was lief denn da? Zuletzt haben wir uns Das Haus des Geldes angeschaut.
Ernschtle: Und was war ihr letztes Konzert?
Christian Eichner: Die Ärzte in Karlsruhe, aber glaube das ist schon 15 Jahre her…
Ernschtle: Mit wem würden Sie gerne mal zum Abend essen?
Christian Eichner: Mit Boris Becker.
Ernschtle: Was war früher als Spieler Ihr Lieblingstrick?
Christian Eichner: Ich war ja Abwehrspieler, also war ich nicht so beseelt mit Tricks! Ich war kein Hakan und auch kein Zlatan, sondern eher so fürs Grobe und dem Verhindern von Toren zuständig. Wenn ich da noch Tricks ausgepackt hätte, wäre mein Trainer in Ohnmacht gefallen. Von dem seid ihr bei mir an der falschen Adresse.
Ernschtle: Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu dieser erfolgreichen Saison. Es ist toll, wie sich die Mannschaft unter Ihnen weiterentwickelt hat. Durch ihre erfolgreiche Arbeit stehen sie längst in den Notizbüchern größerer Vereine. Wie langen bleiben Sie uns noch erhalten?
Christian Eichner: Es ist schön, was du dir da überlegt hast und du hast es auch gut formuliert, nur muss ich da ein bisschen reingrätschen. Ich weiß gar nicht ob ich in den Notizbüchern von großen Vereinen stehe. Es ist allerdings schön, dass die Arbeit, die wir da gemeinsam geleistet haben, geschätzt wird. Der Hauptanteil liegt aber immer bei der Mannschaft, weil die Jungs es auf dem Platz richten müssen. Ich kann immer nur Hilfestellungen geben. Das ist wie bei euch in der Schule. Euer Lehrer kann es euch noch so gut beibringen, am Ende müsst ihr aber die guten Noten schreiben. Von dem her fühle ich mich in Karlsruhe sehr wohl. Ich bin jetzt schon ungefähr das halbe Leben beim KSC. Aktuell stecken wir voll in den Planungen für die nächste Saison, damit das ähnlich ordentlich wird wie dieses Jahr.
Ernschtle: Wie sehr hilft es, dass Sie aus der Region kommen, seit der Jugend für den KSC gespielt haben und den Verein wie kaum ein anderer kennen?
Christian Eichner: Ich glaube, dass das für mich sehr wichtig war für meine erste Trainerstation. Ich bin ja noch ein recht junger Trainer, bin zwar auch schon 38 und klar gibt es da inzwischen auch noch jüngere. Aber es ist meine erste Trainerstation, zum ersten Mal der Chef. Da hilft es natürlich enorm, wenn man alle Menschen kennt. Teilweise sind noch ganz viele Leute da, die schon da waren als ich noch Jugendspieler war bzw. Spieler der ersten Mannschaft geworden bin. Zwar sind manche davon mittlerweile in einer anderen Funktion tätig aber das hilft natürlich. Man muss sich nicht erst kennenlernen, sondern man weiß was das für ein Mensch ist. Wie muss man mit dem umgehen? Der andere weiß aber auch, was ihn da jetzt für ein Trainer erwartet. Dreht der durch oder ist das ein Ruhiger, kennt der alles schon oder müssen wir ihm helfen? Das Beschnuppern fiel bei mir also weg, was sicherlich zum einen für mich aber auch für die Menschen im Verein ein Vorteil war. Wenn man so lange im Verein ist wie ich, dann empfindet man auch ein bisschen mehr für den Club, würde ich sagen. Mir ist der KSC jedenfalls über die Jahre mehr und mehr ans Herz gewachsen. Mit dem man mitgelitten hat und mitgefiebert, gerade auch in der Zeit, wo man nicht so präsent war. Das ist also schon eingroßer Vorteil.
Ernschtle: Hilft Ihnen beim Führen einer Mannschaft Ihr abgeschlossenes Lehramtsstudium an der PH Karlsruhe?
Christian Eichner: Ja, auf jeden Fall! Eine Fußballmannschaft ist nichts anderes als eine große Klasse. Es sind zwar keine Mädchen drin, sondern nur Jungs und junge Männer, aber jeder will irgendwas von dir. Jeder will auf den Platz, jeder will spielen. Dabei ist jeder ein bisschen anders. Das ist ja bei euch wahrscheinlich auch so: Der eine ist etwas lauter, der andere ein bisschen leiser, ein anderer ist etwas verrückt oder komplett ruhig.Und so ist das auch mit meiner Mannschaft. Der eine kommt aus Südkorea, der andere aus dem Senegal, viele natürlich aus Deutschland logischerweise. Ich versuche, auf die unterschiedlichen Kulturen einzugehen. Es ist also kein großes Geheimnis, dass man mit jedem Spieler, so wie in der Schule mit jedem Schüler, versucht ein bisschen individueller umzugehen, damit er sich abgeholt und wohl fühlt. Das ist für mich einfach sehr, sehr wichtig und da hat mir mein Studium schon geholfen. Ich stand ja auch schon ein paar mal als Lehrer vor einer Klasse…
Ernschtle: Herr Eichner, was haben sie nochmal für Fächer studiert?
Christian Eichner: Geographie, Mathe und Ethik. Praktikas habe ich an der Rennbuckelschule gemacht und in Grötzingen, ein Blockpraktikum in der Schule von meinem Vater in Bad Rappenau. Also ich war schulmäßig schon viel unterwegs!
Herr Goerke: Wenn es mit Ihrer Trainerkarriere wider Erwarten bergab gehen sollte, können Sie gerne nochmal ein Praktikum bei uns an der Ernst-Reuter-Schule machen!
Christian Eichner: (lacht) Das mach ich sehr gerne!
Ernschtle: Vom Teamgeist erinnert Ihre Mannschaft ein bisschen an die Saison 2006/2007. Damals sind Sie in die erste Liga aufgestiegen. Die schönste Saison Ihrer Spielerkarriere?
Christian Eichner: Mit der Saison danach auf jeden Fall! Es war nicht nur die Aufstiegssaison, sondern das erste Jahr Bundesliga, das waren ganz besondere Mannschaften. Es war ein besonderer Zusammenhalt, da gebe ich dir Recht. Man vergleicht zwar ungern, denn jede Zeit hat so ihre Geschichte, jede Mannschaft ist anders. Aber was Charakter, Haltung, Teamgeist und Herz anbelangt, sind diese beiden Mannschaften oder diese Zeit damals und heute sicherlich vergleichbar. Ein guter Teamgeist ist aus meiner Sicht eine ganz notwendige Basis um überhaupt sportlich erfolgreich zu sein. Je höher du kommst desto mehr Qualität hast du. Ich glaube, bei Bayern München gab es auch mal Zeiten, da waren zwar nicht alle beste Freunde aber sie waren trotzdem erfolgreich, weil sie richtig gut waren. Aber auf unserem Niveau ist es elementar, dass wir uns gut und respektvoll begegnen. Die Jungs unternehmen auch viel abseits des Platzes zusammen und so war es damals zu meiner Zeit auch.
Ernschtle: Danach haben Sie noch in Hoffenheim und beim 1.FC Köln gespielt. Wenn Sie aus allen ehemaligen Mitspielern eine Traum-elf basteln müssten, wie sehe diese aus?
Christian Eichner: Puuuh! Ohne jetzt so eine komplette Elf aufzuzählen, da muss man ja auch immer jemanden enttäuschen, der nicht genannt wird, habe ich das Glück gehabt, beim KSC noch mit richtigen Typen zusammen gespielt zu haben. Die haben für etwas gestanden, sind füreinander durch dick und dünn gegangen, das war eine großartige Zeit. Ich durfte aber in Hoffenheim und Köln auch mit Nationalspielern wie Lukas Podolski, Carlos Eduardo, Josip Simunic, Luiz Gustavo und Timo Hildebrand zusammen spielen, also mit Spielern, die auf eine tolle Karriere zurückblicken können. Das hat mir immer etwas gegeben, weil man schauen konnte, wie die das so machen. Auch wie sie außerhalb des Platzes mit den Leuten umgehen. Gerade beim Lukas war es immer ein riesengroßer Hype, wenn er irgendwo hingekommen ist. Menschenmassen waren das, das kann man sich nur vorstellen, wenn man es auch selbst mal erlebt hat.
Ernschtle: Die neue Saison wird mit Schalke, Werder Bremen, dem HSV, etc. die wohl stärkste Zweite Liga aller Zeiten werden. Wie lautet da die Zielvorgabe für die kommende Saison? Steht da schon was fest?
Christian Eichner: Es gibt da jetzt noch keinen offiziellen Sprachgebrauch. Ihr habt jetzt schon zwei, drei Mannschaften genannt und ich könnte noch ein paar hinterherschicken, die zwar dieses Jahr schon in der 2. Liga spielten und tabellarisch hinter uns geblieben sind, die aber Kraft ihrer Möglichkeiten im Ranking öfters vor uns stehen müssten. Deswegen wird unser Saisonziel, ohne euch zu enttäuschen, ähnlich sein wie dieses Jahr. Wir sollten so viele Mannschaften wie möglich hinter uns lassen um zu einem frühen Zeitpunkt nichts mehr mit dem Abstiegskampf zu tun haben müssen. Für mehr ist die Zeit noch nicht gekommen und wir sollten realistisch bleiben und dankbar sein, dass wir es letzte Saison so ordentlich hinbekommen haben. Nächstes Jahr werden wir versuchen, das wieder zu schaffen! Wenn wir uns in einem Jahr wieder unterhalten und wir hätten das geschafft, würde ich das jetzt sofort unterschreiben!
Ernschtle: Für welche Position wünschen Sie sich Verstärkung? Und wie realistisch ist es, dass Philipp Hofmann uns erhalten bleibt?
Christian Eichner: Du kannst davon ausgehen, dass ich alles dafür unternehmen werde, dass Philipp Hofmann nicht nur nächstes Jahr noch das KSC Trikot tragen wird sondern auch noch das ein oder andere Jahr mehr! Philipp fühlt sich pudelwohl in der Mannschaft und ich glaube er fühlt sich auch an meiner Seite wohl. Ich hatte auf der anderen Seite aber auch letztes Jahr schon Verständnis dafür, dass er den Wunsch geäußert hat, in die 1. Bundesliga zu wechseln, das ist glaube ich nachvollziehbar. Ich werde dennoch alles daransetzen, dass er bei uns bleibt. Dazu brauchen wir ein oder zwei Spieler für die offensive Außenbahn. Auch im Sturm wäre noch jemand gut. Da Kevin Wimmer uns verlassen hat, werden wir auch versuchen, auf der Innenverteidigerposition noch was zu unternehmen. Auch um uns zu schützen vor Verletzungen, Sperren oder sonstigen Ausfällen.
Ernschtle: Ein verrücktes Jahr liegt hinter uns allen, Stichwort Corona. Was sagen Sie zur Kritik, dass Profis kicken dürfen, wir Jugendliche aber nicht?
Christian Eichner: Das kann ich durchaus nachvollziehen. Kinder und Jugendliche haben ein sehr schweres Jahr hinter sich. Ich habe auch eine 9-jährige Tochter und das alles ist nicht so ganz einfach. Man kann seinen Hobbys nicht mehr nachgehen, dazu hat nicht jeder einen Garten, in dem er Zeit verbringen kann. Man ist die ganze Zeit zuhause in seinen vier Wänden und man kann nicht zu seinen Freunden oder was in der Gruppe unternehmen. Das war ein sehr schwieriges Jahr für alle, ganz besonders aber für Kinder. Ich hoffe einfach, dass jetzt wieder ein Ticken mehr Normalität zurückkommt und dass man zumindest der Schule wieder nachkommen kann. Meine Tochter habe ich noch nie so erlebt, dass sie sich freut, wieder in die Schule gehen zu können. Es hat dann, in diesem Fall, ja auch was Positives. Trotzdem muss man doch auch einen Unterschied sehen, denn für die Spieler ist es ja nicht nur ein Hobby, sondern die Spieler verdienen damit ihr Geld. Für die Vereine war es sehr wichtig, dass es weitergelaufen ist. Ich habe aber Verständnis dafür, dass nicht alle das positiv bewerten. Ich weiß auf jeden Fall wie schwer es für alle war, ich habe es ja bei meiner Tochter gesehen.
Ernschtle: Auf was freuen Sie sich am Meisten, wenn die Pandemie vorüber ist?
Christian Eichner: Wahrscheinlich auf die gleichen Dinge wie ihr! So das Unbeschwerte, was verloren gegangen ist. Man ertappt sich ja dabei, dass man früher dran gedacht hat den Geldbeutel nicht zu vergessen, heute ist es die Maske. Zu dem Unbeschwerten gehört natürlich auch, dass man seine Freunde wieder trifft. Ich habe auch gerne viele Menschen um mich herum z. B. an Champions League Abenden. Da bin ich dann auch wie ein kleines Kind und freue mich auf tolle Spiele vorm Fernseher. Das mit zwei, drei Kumpels zu erleben, das fehlt schon sehr. Sportlich freue ich mich natürlich auf Zuschauer im Stadion. Dass unsere Fans wieder kommen dürfen, die Mannschaft wieder unterstützen können und auch mit ihnen leiden. Ich habe es schon an anderer Stelle mal gesagt, dass ich es den Leuten so gegönnt hätte, die Mannschaft live spielen und kämpfen zu sehen, denn es war und ist eine gute Mannschaft und man hätte gegenseitig davon profitiert!
Ernschtle: Da auch noch unseren Dank dafür: In dieser schlimmen Zeit war es immer eine tolle Abwechslung, dem KSC im TV zuzuschauen!
Christian Eichner: Das gebe ich weiter an die Jungs, das haben sie sich wirklich verdient dieses Jahr!
Ernschtle: Vielen Dank für das nette Interview und alles Gute!
Christian Eichner: Sehr gerne. Euch auch weiterhin viel Erfolg. Und bleibt gesund. Vielleicht sehen wir uns ja dann nach dem Sommer wieder im Stadion.
Ernschtle: Das hoffen wir sehr!