Mein Freund der Hund
Chefredakteurin Novalee über Hund-Mensch-Beziehungen
Mit diesem Beitrag nimmt Ernschtle-Chefredakteurin Novalee am Schülerwettbewerb der Landeszentrale für Politische Bildung (lpb) teil.
Mensch-Hund-Beziehung. Bestimmt hat jeder schon einmal davon gehört, doch den Meisten ist gar nicht bewusst wie tief so eine Beziehung gehen kann. Diese ganz besondere Beziehung entwickelte sich über 32.000 Jahre. Früher hielten die Menschen den Hund (damals noch der Wolf) für ein geistloses Wesen, was sich bis zum heutigen Tag in manchen Kulturen leider nicht geändert hat. Eigentlich lebte der Wolf unabhängig vom Menschen. Er war ein freies, wildes Tier. Mit der Zeit fingen die Menschen an, sich für den Wolf zu interessieren und beobachteten ihn (andersrum genauso). Durch das gegenseitige Beobachten, lernten beide Arten von- und übereinander und konnten sich mehr und mehr ohne Worte miteinander verständigen. Beide erkannten Vorteile eines Zusammenlebens. Der Wolf beschütze beispielsweise die Familie, ging mit auf Jagd und bekam dafür Nahrung und einen Unterschlupf. Aus diesem Zusammenschluss entwickelte sich der Hund und damit eine in der Natur einzigartige Partnerschaft – die Mensch-Hund-Beziehung.
Mit der Zeit wurde aus dem Wesen ein neuartiges Wesen, nämlich das des Hundes und durch verschiedene Zuchten bekam der Hund seine verschiedenen Rassen. Wie Jung und Pörtl (2015) in ihrer Studie „Die aktive Domestikation des Hundes“ beschreiben, sollte man den Hund sogar als nahezu eigenständige Art sehen. Ein Tier, das sich ohne Zutun des Menschen nie soweit von seinem Ursprung, dem Wolf, entwickelt hätte. Aber genau hier sehen die Autoren auch die bislang ungeahnten Chancen für die Parteien der Mensch-Hund-Beziehung.
Trotz dieses großen Eingriffs in die Natur oder gerade deswegen ist der Hund heute der beste und loyalste Freund des Menschen. Hunde werden für vieles eingesetzt. Sie unterstützten Menschen bei der Jagd, dienen als Wach- und Schutzhund, in der Therapie und beim Sport sind sie Begleiter, um nur einige Beispiele zu nennen. Leider wird der Hund auch in vielen Ländern sehr schlecht behandelt. Er wird verstümmelt, in illegalen Hundekämpfen als Waffe benutzt, getötet oder gegessen. Was zur Hölle soll der Scheiß?
In Deutschland gilt der Hund laut Studie von Haeling (2014) an oberster Stelle als reines Familienmitglied. Hier besteht eher die Gefahr, dass der Hund zu sehr vermenschlicht wird (Anthropomorphisierung), was einer artgerechten Haltung nicht mehr entspricht. Auch die Mehrhundehaltung wird heiß diskutiert und mit enormen Steuerbeträgen versucht, zu unterbinden. Sich zwei Hunde zu halten, gilt hier zu Lande noch als wenig auffällig, aber je mehr Hunde man hält, umso schneller kocht die Gerüchteküche hoch. Man wird schnell zum „Hundemessie“ abgestempelt und anstatt einmal sich direkt beim Mehrhundehalter über seine Motivation zu informieren, ruft man lieber das Veterinärsamt, denn „da stimmt ja irgendwas nicht“.
So erging es auch Sven Hornickel. Er ist ein Beispiel einer besonderen Mensch-Hund-Beziehung. Sven ist ein engagierter Zughundesportler/Musher, den ich für ein Wochenende besuchen durfte. Er ist 36 Jahre alt und hat momentan 9 Hunde, davon 8 reinrassige Huskys, die er für den Zughundesport einsetzen kann. Er selbst sagt, seine Hunde sind wie seine Kinder, was man direkt merkt, wenn man bereit ist, näher hinzuschauen und nicht in dem oberflächlichen Vorurteil der „Assi-Mehrhundehaltung“ hängen bleibt.
Begonnen hat alles mit der nun fast blinden Akira (10) die Husky-Mischlingshündin kommt aus einer spanischen Tötung. Akira hatte ihren Namen bereits schon. Als sie zu Sven kam brach kurz darauf Staupe bei ihr aus, eine schwere Virus-Erkrankung, die unbehandelt zum Tod des Hundes führen kann. Sven hat sie damals nicht aufgegeben, obwohl so manch einer ihm zum Einschläfern geraten hatte. Sven scheute keine Mühe oder Kosten, um Akira zu heilen, was sie ihm bis heute vertrauensvoll dankt. Die Verbundenheit zu diesem Hund weckte etwas in Sven, das ihn dazu bewegte „The Last Chance“ zu gründen. Neben dem Logo, das Sven sich auch tätowieren ließ, steht der Gedanke, sein Leben ab dato „anständiger“ zu leben. Daraufhin kamen weitere Hunde dazu, allerdings waren es ab da nur noch reinrassige Huskys, für die Svens Liebe zu Hunden in Passion übergeht. Für ihn sind Huskys so wie Wölfe, so sagt er: „Stolz und besonders“.
Sein Rudel besteht nun aus Kratos, er ist Svens erster, reinrassiger Husky und wird bald 9 Jahre alt. Den Namen „Kratos“ hat Sven von einem Charakter aus einem Spiel. Laura-Elayi wird bald 7 Jahre alt. Ihr Name ist eine Mischung von den Namen von Svens Ex, die er nicht allzu gut behandelte und einer Elfe, für die Wiedergutmachung. Dante wird 6 und wurde nach dem italienischen Schriftsteller „Dante Alighieri“ (schrieb die göttliche Komödie; Zitat: „Von hier ab lässt fahren alle Hoffnung“) benannt. Der Name der fast 6 Jährigen Tala Navajo bedeutet „kleines Mädchen“. Lina und Maddoxx werden 7 und hatten ihre Namen schon. Switch (6 Jahre) hat ihren Namen, wegen ihren zwei verschiedenfarbigen Augen. Sie sind genau gleich wie die ihres Vaters, nur spiegelverkehrt. Dante, Tala und Switch sind übrigens Geschwister. Zu guter Letzt im Rudel ist die süße aber auch echt powervolle Montana. Mit ihren 1,5 Jahren ist sie die jüngste. Montana war ein Geschenk von einer norwegischen Auswanderin.
Wenn Sven mit seinen Huskys eine Tour fährt, gibt es eine gewisse Aufstellung und Aufgaben: Dante und Kratos laufen im sogenannten Wheel, sie bringen die Kraft auf die Leine. Eine Reihe weiter vorne laufen Lina und Tala, die beiden haben dieselbe Aufgabe wie Dante und Kratos. Elayi und Maddoxx laufen im Swing hinter der Spitze, die beiden geben den hinteren das Lauftempo vor. Ganz vorn an der Spitze laufen Switch und Montana, sie sind sozusagen das Navi für das Rudel, denn sie zeigen allen den Weg. Sven ist auch schon Rennen mit seinen Hunden gefahren. Er meint: „Es liegt in ihrer Natur zu ziehen“.
Zusammen leben sie wie eine Familie. Es sind die Hunde, denen Sven morgens mit dem ersten Kaffee beim Aufwachen zuschaut. Wie sie sich strecken, gähnen, ihr Geschäft verrichten, mit ihm und untereinander kommunizieren. Es hat etwas Beruhigendes, ein Ankommen bei sich selbst und einen wunderschönen Start in den Tag.
Die Hunde leben in einem liebevoll gestalteten, 100qm großen Außengehege am Haus mit Zugang zu 30qm Innenbereich. Hier können sie sein wie sie wollen – es gibt Versteckmöglichkeiten, Turn- und Liegeplätze und zum Planschen steht sogar ein kleines, mit Steinen umrandetes Wasserbecken zur Verfügung. Neben Gassi Gängen steht natürlich Husky typisch der Zughundesport in der Saison (wenn es Temperaturen unter 15Grad hat) im Vordergrund. Meist fährt Sven das komplette Gespann vor einem Trainingswagen, der mit Bremse, Licht, zusätzlichem Sitz und Feststellbremse ca. 95kg wiegt. Trainiert wird anfangs 2-3ml pro Woche à 3-4km, dann wird erweitert bis Strecken von 20km locker möglich sind. Der Zughundesport ist für Sven nicht einfach eine Freizeitbeschäftigung, sondern eher der Ausdruck eines Lebensgefühls der einer Lebenseinstellung. Svens Art mit Hunden zu leben, sich gegenseitig Halt zu geben, zu begeistern und auch mal zu streiten. Manchmal muss man halt auch einen deutlicheren Ton an den Tag legen, damit alles wieder rund läuft, so Sven.
Zusätzlich hat Sven noch ein umzäuntes, 1300qm großes Außen Gelände, auf dem eine gemütliche Holzhütte mit überdachter Terrasse steht. Geheizt wird mit Holz und Strom wird durch ein Aggregat bereitgestellt. Die Feuerstelle mit Schwenkgrill darf natürlich auch nicht fehlen. Hier lädt Sven immer wieder Zughundesportinteressierte zum Ausprobieren des Feelings und der Gerätschaften ein. Man wird beraten, bekommt Fragen rund um den Sport beantwortet und auch den eigenen Hund antrainiert. Abends geht dann der gemütliche Teil des Tages los und Svens kleinere, aber auch bekannte Leidenschaft kommt zum Tragen: Kochen. Rund um versorgt sind dann alle. „Ich möchte jedem ein Stück von diesem Feeling geben. Die Leute sollen hier vom Alltag und ihren Sorgen loslassen, das braucht doch jeder mal.“ Ab da kann jeder eigenständig weiter machen oder/und sich anschließen.
Was Sven hier beschreibt, spiegelt genau die Mensch-Hund-Beziehung wider, die ich mir sowohl für den Hund als auch für die Menschen wünsche. Die Rückverbindung zur Natur über den Hund. Das gesunde Wesen des Hundes entspricht die der wahren Liebe. Die pure Akzeptanz dessen, was ist und die bedingungslose Verbundenheit im Vertrauen zueinander. Wir Menschen können uns noch viel von Hunden abschauen, weshalb die Stellung des Hundes für mich auf eine neue Stufe in der Gesellschaft gestellt werden sollte. Hunde als natürliche Therapie für eine Gesellschaft, die ihr Sozialverhalten und ihre Empathie auf Kosten von Konsumgütern und Schnelllebigkeit nahezu verloren hat. Ein Stückchen Natur, Achtsamkeit und empathisches Miteinander sollten wir alle wieder in unser Leben integrieren und der Hund kann uns dahin führen, wenn wir bereit sind, uns auf diesen Prozess einzulassen.
Hast auch du eine besondere Beziehung zu einem Hund oder anderen Tier? Schreibe uns…. ernschtle@gmx.de